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"Anton Bruckners Spuren im
Bezirk Amstetten - Teil
I"

 
 
 

Quelle:
Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der
Bezirkshaupt-
mannschaft
Amstetten,
21. Jg. / Nr. 315,
15.12.1996



  Autor: Dr. Heimo Cerny

 




Bruckners Stammbaum wurzelt im Mostviertel

Infolge nicht überprüfter mündlicher Traditionen und unzulänglicher Erhebungen herrschte in der Brucknerforschung lange Zeit die unzutreffende Ansicht, alle Vorfahren des großen Symphonikers seien seit jeher in Oberösterreich ansässig gewesen. So entstand der zum Teil heute noch verbreitete Mythos vom „tief verwurzelten Oberösterreichertum" Anton Bruckners.

Tatsächlich jedoch ist nur Anton Bruckners Vater im Land ober der Enns geboren, alle übrigen Ahnen väterlicherseits waren in ununterbrochener Reihe niederösterreichische Mostviertler. Sie lebten seit dem 15. Jahrhundert als Bauern, ab 1745 als Gewerbetreibende um Sindelburg bei Wallsee im heutigen Bezirk Amstetten. Diese Erkenntnis verdanken wir den akribischen genealogischen Forschungen Ernst Schwanzaras, der 1933 einen lückenlosen Bruckner-Stammbaum veröffentlichte.

Der älteste urkundlich belegbare Vorfahre ist der 1449 im Urbar der Herrschaft Wallsee genannte „Jörg Prukner. an der prugk", womit der Name auch etymologisch eindeutig fixiert ist.

Fährt man von Oed bei Amstetten Richtung Sindelburg über den Teufelsberg zum Tanzberg, so überquert man auf einer Brücke den tiefliegenden Sommerauerbach. Das anschließende Gelände trägt den Flurnamen „an der Brück". Dort liegt, etwa 200 Meter von besagter Brücke entfernt, der Bruck-Hof, wo der Urahne Jörg auf seiner „hueb an der prugk" als bäuerlicher Untertan der Herrschaft Wallsee diente. Hier also, mitten im fruchtbaren Mostviertler Hügelland, wurzelt der Stammbaum des großen österreichischen Symphonikers.

Nachdem der Hof zwei Jahrhunderte lang von den Prucknern bewirtschaftet worden war, ging er 1625 in fremde Hände über. Durch Einheirat erwarb Georg Pruckner im Jahre 1646 den unweit des Stammhauses gelegenen Pyhra-Hof bei Oed. Hier erblickte 1715 Josef Bruckner (d.Ältere) - der Urgroßvater des Komponisten das Licht der Welt. Er erlernte in Wallsee das Binderhandwerk und erwarb sodann eine Werkstatt und ein Schankhaus in Oed. Der soziale Aufstieg vom untertänigen Bauern zum bürgerlichen „Gastgeb und Bindermeister"gelang ihm vor allem durch seine eheliche Verbindung mit der reichen Steinmetztochter Theresia Berger aus Perg. Mit Josef d.Ä. Entsagte der Brucknerstamm der jahrhundertelang gepflegten Scholle und wechselte von nun an in rascher Folge Wohnsitz und Beruf.

Der 1749 in Oed geborene Josef d. Jüngere (Großvater des Komponisten) erlernte zunächst beim Vater ebenfalls die Faßbinderei. Sein Ideal war es jedoch, Lehrer zu werden. Noch nicht 16 Jahre alt, verließ er die väterliche Werkstätte, bereitete sich in Linz auf den Lehrberuf vor - wozu man damals lediglich sechs Wochen benötigte - und wurde nach zehnjähriger aushilfsweiser Verwendung an verschiedenen Orten schließlich 1776 als Schulmeister im oberösterr. Ansfelden seßhaft. Hier heiratete er die Tochter seines Vorgängers, Franziska Kletzer, deren mütterliche Vorfahren in den Mostviertler Ortschaften Haag, Weistrach und Seitenstetten beheimatet waren.

Anton Bruckners Vater, der 1791 in Ansfelden geborene Anton d. Ältere - ergriff ebenfalls den Lehrberuf und vermählte sich mit Theresia Helm, deren Ahnenstrang wiederum ins Niederösterreichische verweist. Als Anton der Ä. am 7. Juni 1837, erst 46jährig, verstarb, erwirkte die Witwe noch am selben Tag die Aufnahme ihres 12 Jahre alten Sohnes Anton als Sängerknabe im Stift St. Florian. Niemand konnte damals ahnen, welch reiche Früchte dieser mütterliche Ratschluß für die Musikwelt tragen sollte!



Anton Bruckner und Stift Seitenstetten


Der Oberösterreicher Anton Bruckner pflegte zeitlebens einige, wenn auch nur lose Kontakte zum Land seiner Vorväter, dem niederösterreichischen Mostviertel Die wenigen noch greifbaren Spuren führen zunächst nach Seitenstetten: Hier unterzog sich der 24-jährige beim angesehenen Seitenstettner Stiftsorganisten Joseph Pfeiffer auf eigenes Ansuchen einer Talentprobe, wofür ihm am l. Juli 1848 ein sehr ehrendes Zeugnis ausgestellt wurde. Pfeiffer erkannte in dem ehrgeizigen Hilfslehrer aus St. Florian ein „ächtes musikalisches Genie",dessen „bisherige Leistungen und Compositionen, vorzüglich aber seine erprobte, fantasiereiche und mechanische Fertigkeit im Orgelspiele" die vollste Anerkennung verdienen. Diese frühe und zukunftsweisende Einschätzung ist umso erstaunlicher, vergleicht man sie mit den zahlreichen, geradezu grotesken Fehlurteilen weitaus berühmterer Persönlichkeiten. Für Hans Pfitzner war Bruckner noch ein Jahrhundert später ein „übergroßer Dilettant", und der Zeitgenosse Johannes Brahms qualifizierte die „symphonischen Riesenschlangen" seines Rivalen als einen „Schwindel, der in ein bis zwei Jahren vergessen sein wird".

In späteren Jahren war Anton Bruckner freundschaftlich verbunden mit dem Seitenstettner Benediktiner P.Otto Fehringer, von dem verbürgt ist, daß er als Baßgeiger bei einer Auf-führung der d-Moll-Messe 1872 in Wien auf Ersuchen des Komponisten mitgewirkt hat. Er soll Bruckner auch auf dessen Englandreise1871 begleitet haben. Pater Otto Fehringer hat Anton Bruckner um mehr als drei Jahrzehnte überlebt, und als er 1930 hochbetagt starb, schrieb der Stiftschronist einen Nachruf, der in rührenden Worten auf die Freundschaft zwischen dem Mönch und dem Musiker eingeht:

„Mit Meister Bruckner verband ihn eine herzliche Freundschaft. Wie oft, wenn der Toni in Wien die Orgel schlug, strich der Lehramtskandidat P. Fehringer die geliebte Baßgeige! Einmal - an Trinitatis - da fragte ihn der Meister, was er denn zum Thema des Eingangspräludiums wählen solle: Heute ist Dreifaltigkeitssonntag; natürlich ein Motiv aus dem Introitus, meinte P. Otto. Da fing er zu spielen an - so erzählte er später oft mit nassen Augen -, daß der Herrgott zu den Engeln sagte: Hörts auf zu singen! der Bruckner-Toni spielt!"

Als trefflichen Musiker geschätzt hat Anton Bruckner auch den äbtlichen Kammerdiener und Primgeiger am Seitenstettner Kirchenchor, Ludwig Kronawitter, der regelmäßig bei kirchemusikalischen Veranstaltungen im Stift St. Florian aushalf. Ihm verehrte der Meister sogar zwei Autographen von Jugendwerken (Vorspiel und Fuge in c-moll und „Aequales für 3 Posaunen") die heute noch in Seitenstetten verwahrt werden.
Bekannt ist auch, daß Bruckner am 31. August 1889 den Klavierlehrer Dominik Dunkl in Seitenstetten besuchte und dabei„am Klaviere einiges aus seinen herrlichen Symphonien" vorspielte.

Stammbaum Anton Bruckner - Sindelburg - Ansfelden,
NÖ 1400 - OÖ 1824 (Nach Forschungen Ernst Schwanzaras
im Pfarr- u. Schlossarchiv Sindelburg - Walllsee)


 

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Bruckners ältester urkundlich belegbarer Vorfahr - Jörg Prukner / Der Bruck-Hof / Bruckners Urgroßvater Josef Bruckner (d. Ältere) / Großvater Josef der Jüngere / Bruckners Vater Anton der Ältere


Anton Bruckner und Stift Seitenstetten / Zeugnis vom Seitenstettner Stiftsorganisten Joseph Pfeiffer / Freundschaft mit Benediktiner Pater Otto Fehringer / Ludwig Kronawitter / Dominik Dunkl

Stammbaum Anton Bruckner - Sindelburg - Ansfelden
NÖ 1400 - OÖ 1824