Ringtheaterbrand

Der grauenhafte Brand des Wiener Ringtheaters am 8. Dezember 1881 machte auf Bruckner einen unvergesslichen Eindruck. zunächst wohl deswegen, weil er selber die Vorstellung besuchen wollte und sich im letzten Augenblick erst anders entschloß. Dann deshalb, weil er das Wüten des Elementes die ganze Nacht hindurch von seinem Fenster aus nächster Nähe verfolgen konnte. Ungeheure Furcht erfasste den Einsamen. Ein Glück, dass zwei Schüler und engere Landsleute ihn aufsuchten und die ganze Nacht bei ihm blieben. "Nia vergiß i das, nia!" äußerte Bruckner jedes Mal, wenn er auf die Schauder dieser Nacht zu sprechen kam. Am nächsten Tag aber ging er, wie ein Kind neugierig und furchtsam zugleich, in den Leichenhof des Polizeigebäudes und besah die grauenhaft verstümmelten Opfer.
Seit dieser Feuersbrunst litt Bruckner an Angst vor Feuer. Er verwendete keine Petroleumlampe mehr aus Furcht, sie könnte explodieren, und brannte nur mehr Kerzen. Wenn er abends ausging, löschte er die Kerze auf das sorgfältigste aus und lief mehrmals ins Zimmer zurück, um sich zu vergewissern, dass der Docht nicht mehr glimme. Erst ein längerer Erholungsaufenthalt in St. Florian brachte ihn wieder ins seelische Gleichgewicht.

Quelle: Hans Commenda: Geschichten um Anton Bruckner", Verlag H.Muck