Erste Begegnung mit Wagner

Die Wagner-Aufführungen des Linzer Landschaftlichen Theaters vermittelten Bruckner die erste Bekanntschaft mit dem großen Meister der Oper. Seither war "der Meister der Meister" Bruckners Abgott. Als nun der Schöpfer des Tristan im Frühjahr 1865 seine Freunde zur Uraufführung dieses Werkes nach München lud, folgte auch Bruckner freudig erregt diesem Rufe. Bruckner stellte sich damals selber vor und schilderte diese Zusammenkunft dann hinterher mit etwa folgenden Worten: "Er war ungemein liab und freundli mit mir und hat mi bald gern ghabt, ja sogar ausgezeichnet. Aber i hab im no net traut und hab dem Meister no nix (von den bisherigen Tonschöfungen) segn lassen. Im Anfang hab i net amal soviel Schneid ghabt, daß i mi in seiner Gegenwart niedergsitzt hätt, er aber war alleweil gleich liab zu mir, hat im alle Abend eingeladen und die ganzen vierzehn Tag bitt, i soll do die Aufführung abwarten. Wie nachher die Frau Schnorr (Darstellerin der Isolde) alleweil nu nit gsund worden is, hab i wieder nach Linz zruck müassen. Am Dienstag nach Pfingsten bin i aber wieder nach München gfahren. In Meister hat’s recht gfreut, ja er hat si(ch) eigens schön bedankt, daß i wieder kommen bin!" So hörte Bruckner denn am 19. Juni 1865 die dritte Aufführung des Tristan in München. Er war "ganz weg" und bewahrte zeitlebens den Theaterzettel als kostbares Angedenken.

Quelle: Hans Commenda: Geschichten um Anton Bruckner", Verlag H.Muck