Bewerbung um den Domorganistenposten in Olmütz

Im Sommer 1855 fühlte sich Bruckner als Hilfslehrer und Stiftsorganist zu St. Florian nicht mehr zufrieden. Er war wie ein Diener gehalten, durfte nur am Dienertisch essen und das geforderte Komponieren von Festkantaten und ähnlicher Gelegenheitsmusik leichter Art lag ihm ganz und gar nicht. So bedurfte es des dauernden Zuredens seiner Mutter, um ihn bei der Stange zu halten. Aber eines Tages bewarb er sich doch, ohne jemanden im Stift um Erlaubnis zu fragen, um den Posten des Domorganisten in Olmütz. Das schlechte Gewissen trieb Bruckner aber och schließlich dazu, diese Eigenmächtigkeit dem Herrn Prälaten Mayr zu beichten. Da kam er aber schön an "Was," fuhr ihn dieser an. "Zu die Tschechen willst gehen! Jetzt hilfst mir aber auf der Stell die Schuh ausziehn!" donnerte er ihn nieder. Bruckner tat es zitternd auf den Knien. "So!" setzte dann der Gestrenge fort: "Wirst jetzt noch einmal was ohne mein Wissen tun?" – "Na, Euer Gnaden !" stotterte der Eingeschüchterte.
Die Bewerbung blieb erfolglos. Auf die bloße Nachricht, dass der als Orgelspieler bereits gefürchtete Bruckner sich bewerbe, war die Organistenstelle noch vor Ablauf der Bewerbungsfrist schnell "unter der Hand" einem Protektionskind zugeschanzt worden.

Quelle: Hans Commenda: Geschichten um Anton Bruckner", Verlag H.Muck