Genie ist potenzierte Arbeitskraft!

Niemand Geringerem als Napoleon I. wird dieser Ausspruch zugeschrieben. Er gilt aber ebenso für Bruckner, der all seine Erfolge in erster Hinsicht einer eisernen Beharrlichkeit verdankte. Als Schulgehilfe in Kronstorf an der Enns stand ihm ein, wenngleich sehr minderwertiges, Klavier zur Verfügung. Bruckner verschlang nun J. S. Bachs Präludien und Fugen mit wahrem Heißhunger. Sein musikalisches Morgengebet am Flügel begann er meist schon um vier Uhr. Ein anderes mal "verspielte er sich gleich bis in die Fruah!" In ehrlicher Selbsterkenntnis erzählte der Meister später von diesen Tagen: "Die alte Frau Lehofer derbarmt ma heint nu, wie s’ oft um eins in der nacht aufgstanden ist und mi vom Klavier weggejagt hat. "Aber um Gottswilln, Herr Bruckner," hat s’ dann gjammert, "hörn S’ do endling amal auf mit dem Klavierpempern und gengan S’ ins Bett!" Es hat ma ja recht leid tan, dass i s’ alleweil im Schlaf gstört hab. Aber am nächsten Tag hab i’s do akkrat wieder so gmacht. I hab mi halt net derhalten kinna!" Und verlegen entschuldigte der Meister so sich, seinen zähen Fleiß und glühenden Lerneifer.

Quelle: Hans Commenda: Geschichten um Anton Bruckner", Verlag H.Muck